Moderne Kunst

Das Altarbild

Altarbild von Dominique Rebourgeon: Ostern und die Auferstehung der Toten - Die Zeit und der Ort

Im Auftrag der Hochmeisterkirchengemeinde erstellt der französische Maler Dominique Rebourgeon das neue Altarbild der Hochmeisterkirche. Es ist ein fahnenartiges Ölgemälde in der beeindruckenden Größe von 3,80 m x 6,80 m. Das Bild heißt: ‚Ostern und die Auferstehung der Toten - Die Zeit und der Ort’. Durch seine starke Farbwirkung und seine Größe sticht es beim Betreten der Kirche sofort ins Auge. Das Altarkreuz wurde nicht abgenommen, es befindet sich immer noch an der alten Stelle, hinter dem Bild.

Im Zentrum des Bildes, leicht nach links versetzt, sehen wir eine weiße Gestalt, die eindeutig als Symbol des auferstandenen Christus zu erkennen ist. Diese Gestalt wirkt, als ob sie nach oben entschwebt. Auferstehung - der Maler assoziiert dazu ‚stehen, entstehen, aufstehen, Stand, Aufstand der Seienden’ - heißt Überwindung der Welt, Überwindung des menschlichen Grauens, des Bösen. Diese grausame Welt ist unten und rechts im Bild dargestellt. Assoziationen wie Chaos, Schlächterei, Hölle, Krieg, Panik stellen sich unwillkürlich ein. Während unten im Bild eine Schlacht tobt, scheinen die Gestalten rechts in das Gelb hineinzulaufen, das die Christusfigur umgibt. Assoziativ: sie flüchten auf ihn zu, den Ort der Hoffnung.

Die Christusfigur ist weiß. Weiß steht für das Licht, für das Absolute, für den Anfang und das Ende. Weiß steht für Erleuchtung, Verklärung, Auferstehung und Vollkommenheit. Der gelbe Hintergrund der Christusfigur wirkt ambivalent. Das Gelb leuchtet. Gelb ist die Farbe der Sonne und des Feuers, der Lebenskraft der Sonne und der zugleich verbrennenden und reinigenden Kraft des Feuers - Phoenix aus der Asche. Die Assoziation Feuer drängt sich auf, da die unteren Teile des Bildes, in denen ebenfalls die Farbe Gelb dominiert, leicht mit der Vorstellung ‚Höllenfeuer’ in Verbindung gebracht werden können.

Über dem Gelb ist das Blau des Himmels zu sehen. Auf der rechten Seite erkennen wir ätherisch wirkende Gestalten, die sich nur leicht von dem blauen Untergrund abheben und sich ebenfalls in Richtung der Christusfigur zu bewegen scheinen. Blau ist die elementare Farbe der ruhenden Tiefe - des Meeres und des Himmels; eine Tiefe, die alles in sich aufnehmen kann.

Der Stil dieses Bildes oszilliert zwischen konkret und abstrakt. Es lässt sich einiges erkennen und benennen, aber nie definitiv festschreiben; es regt immer wieder aufs Neue zu Assoziationen an. Durch den Verzicht auf einen festen Rahmen ist das fahnenartige Bild beim geringsten Luftzug ein wenig in Bewegung, was der Assoziationskraft ebenfalls entgegenkommt.

 

Die Skulpturen von Günter Anlauf

Günter Anlauf: Zwei in einem Boot

Der Bildhauer Günter Anlauf (1924 – 2000) führt zusammen mit seinem Sohn Wolfgang Anlauf die Stuckarbeiten am Deckengewölbe der Hochmeisterkirche aus. Durch diesen Kontakt des Künstlers mit der Gemeinde können zwei von Anlaufs Skulpturen aus Aluminiumguss als Leihgaben in der Kirche aufgestellt werden. Später ist es der Gemeinde - dank großzügiger Spenden - möglich, diese Leihgaben zu erwerben.

Die erste Skulptur, die in der Kirche aufgestellt wird, trägt den Namen ‚Zwei in einem Boot’. Sie zeigt die Umrisse zweier Figuren, die sich spiegelbildlich in einem kleinen Boot gegenübersitzen und sich an den Armen festhalten. Die Gesichter der Figuren sind nicht ausgestaltet.

Wie Günter Anlauf erzählt, ist ihm die Idee zu dieser Skulptur durch eine ganz reale Begegnungssituation schon in den sechziger Jahren gekommen. Eine erste Fassung schafft er bereits 1965 aus farbigem Marmor. Diese Figur wird unglücklicherweise bei einem Bauvorgang verschüttet. Erst 1985 greift er die Idee nochmals auf und schafft die Skulptur, die jetzt in unserer Kirche neben dem Taufstein zu sehen ist. Durch die Abstraktion und die Reduzierung auf das Elementare hat diese Skulptur eine Bedeutung, die ganz grundsätzlich das Thema der menschlichen Begegnung und Zuwendung anspricht.

Günter Anlauf: Bürger Wohinß

Die andere Skulptur trägt den Namen ‚Bürger wohin?’. Es handelt sich um eine Figur, deren „Unterleib“ aus einem alten Schulstuhl besteht, auf dem ein Oberkörper mit zwei massigen Armen und einem ovalen Kopf sitzt. Auf dem flachen Gesicht ist nur ein Auge angebracht, aus dem sich ein Fragezeichen formt. In den Händen hält diese Figur ein aufgeschlagenes Buch, auf dessen Rücken ‚Bürger wohin’ steht.

Diese Skulptur wurde bereits auf mehreren Ausstellungen gezeigt, unter anderem auf einer Buchausstellung in der Akademie der Künste. In der Kirche denkt man bei dem Buch unweigerlich an die Bibel. Die Skulptur bringt die Ratlosigkeit unserer Gesellschaft zum Ausdruck. Sie stellt Fragen an die Zukunft aus einer orientierungslos gewordenen Gegenwart.

Interessant ist die Entstehungsgeschichte dieser Stuhlgestalt. Die Idee stammt von Anlaufs Künstlerkollegen Ben Wargin. Dieser bekommt eine größere Zahl ausrangierter Schulstühle geschenkt und bittet daraufhin einige seiner Kollegen, einen Beitrag zu seiner Idee des ‚Parlaments der Stühle’ zu leisten. Wargin selbst versieht einige Stühle mit desolat wirkenden Gipsstrukturen, Ausdruck dafür, dass das Parlament nur aus austauschbaren Personen zu bestehen scheint, ohne eigenes Profil. Günter Anlauf dagegen setzt seine Skulptur wesentlich konkreter um. Und so entsteht 1982/83 die Skulptur ‚Bürger wohin?’, die nun neben der Kanzel in der Hochmeisterkirche steht.

 

Das Tischtuch vom Heiligen Abendmahl des Leonardo da Vinci

Manfred Sillner: »Das Tischtuch vom Heiligen Abendmahl des Leonardo da Vinci«

Das Bild von Manfred Sillner aus dem Jahr 1986 hängt in der zu einem Andachts- und Meditationsraum umgestalteten ehemaligen Sakristei. Wenn der Vorhang beiseite geschoben ist, der diesen Raum von der Altarapsis trennt, kann man das meditative Bild unterhalb des Altarbildes schon beim Betreten der Kirche wahrnehmen. Es zeigt eine genaue Reproduktion des Tischtuchs aus dem berühmten Abendmahlsbild von Leonardo da Vinci – nur ohne Jesus und die Jünger.

Die Wirkung des Bildes kommt erst richtig zur Geltung, wenn man die historische Anspielung mit einbezieht. Das Tischtuch scheint einfach im Raum zu schweben, was durch den blauen Hintergrund noch verstärkt wird. Das Bild lädt zum Meditieren ein, die Vorstellungskraft wird angeregt zu imaginieren, wer sich um diesen unsichtbaren Tisch, um dieses Tischtuch versammelt. Der Betrachter kann in seiner Phantasie den leeren Raum füllen.