Halensee

Der Bahnhof am Henriettenplatz - Postkarte von 1901

Der Ursprung Halensees ist eng mit dem Namen des Geschlechts der Wilmersdorfer verknüpft. Im Sequenzbuch des Kammergerichts taucht der Name Halensehe im Jahre 1540 zum ersten Mal auf. In dieser Eintragung geht es um die Besitzrechte an Teilen des Sees, die umstritten waren. 1591 ist im Erbregister Mühlendorf zu lesen:

„Ein See der Halensee ufm Feldt Wilmerzdorff hat zwei kleine Garn Züge. Dieser See gehört Chuf. G. (Anm.: Kurfürstliche Gnaden) und den Wilmerstorfen zu Wilmerstorf halb und die andere Hefflte den Wilmerstorfen zu Schmargendorf.“ [5]

Man muss sich immer wieder klarmachen, dass das Gebiet um den Halensee zu dieser Zeit und auch in den folgenden Jahrhunderten nicht bewohnt ist, ein Ort namens Halensee also gar nicht existiert. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es um den Halensee herum nur Sandboden und Spargelfelder. In Theodor Fontanes berühmtem Roman Frau Jenny Treibel spottet Kommerzienrat Treibel über das „von Spargelbeeten und Eisenbahndämmen durchsetzte Wüstenpanorama“.

Erst in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts werden überhaupt Pläne zur Besiedlung des Gebiets um den Halensee gemacht. Zur Entstehungsgeschichte schreibt der Schriftsteller Majewski in seinen Geschichten aus dem alten Halensee:

"Wurden mehrere Orte um Berlin wie Wannsee, Weißensee u. a. nach den benachbarten Seen ganz offiziell benannt, so verdankt Halensee im eigentlichen Sinne seinen Namen dem Bahnhof der 1877 eröffneten Ringbahnverbindung von Westend nach Schöneberg. Der Bahnhof hieß damals aber noch nach dem bis an das Bahngelände heranreichenden Waldgebiet Grunewald, während der heutige dieses Namens nach dem See Hundekehle genannt war. Erst 1884 nahm man die Umbenennung der beiden Bahnhöfe vor, und da begann auch die Entstehung des Ortes.“ [6]

Außer diesem Bahnhof ist natürlich auch der Ausbau des Kurfürstendamms seit 1882 von großer Bedeutung für Halensee. Bereits seit 1685 erscheint der Kurfürstendamm auf den Landkarten, ist aber letztlich nicht mehr als ein angelegter Weg, auf dem die Kurfürsten von ihrer Stadtresidenz zum Jagdschloss Grunewald fahren.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entsteht am Halensee ein großes Garten- und Ausflugslokal, wie es um diese Zeit im Berliner Raum groß in Mode war. Das Wirtshaus am Halensee entwickelt sich schnell zu einem der beliebtesten Ausflugsziele für die städtische Bevölkerung. Zur gleichen Zeit werden auch die ersten Landhäuser in der Johann-Sigismund-Strasse gebaut. Der Bereich Halensee entwickelt sich rasch zu einem bevorzugten Wohnort von pensionierten Militärs, Beamten, Literaten und Rentiers. 1892 gibt es ungefähr 200 Einwohner in 11 Häusern, 8 Jahre später, 1900, sind es bereits 5863 Einwohner in 35 Häusern. Im Gegensatz zu der Siedlung Grunewald, die die Struktur einer Villenkolonie bis heute erhalten hat, geht das Projekt Villenkolonie Halensee praktisch schon um 1900 wieder zu Ende. Überall entstehen jetzt vierstöckige Bürgerhäuser. Das letzte Haus, das noch an die Villenkolonie erinnerte, war das Haus in der Johann-Sigismund-Strasse 20, das 1975 abgerissen wird.

Blick vom Henrietttenplatz in die Westfälische Straße - Postkarte um 1910

Zur großen Attraktion wird Halensee mit den Terrassen am Halensee, die später in Luna-Park umbenannt werden. Am 14. Mai 1904 eröffnet dieser Vergnügungspark seine Tore. Die Größe dieser Vergnügungsanlage ist gewaltig. Alle Jahrmarkts- und Rummelattraktionen der damaligen Zeit sind hier zu sehen. Allein die Restaurants im Lunapark sollen mehr als 16 000 Sitzplätze haben. Die tägliche Besucherzahl liegt in den Anfangsjahren bei 50 000, an Wochenenden natürlich noch weitaus höher. Damit war der Luna-Park von den Besucherzahlen her das beliebteste Ausflugsziel in der ganzen Berliner Umgebung. Am 9. Mai 1929 wird der Lunapark nach einer großen Erneuerung ein zweites Mal eröffnet, denn während des 1. Weltkriegs und der Inflationszeit verkommt das ganze Unternehmen. Es gelingt den Betreibern jedoch nicht mehr, an die alten Glanzzeiten anzuknüpfen. Im Oktober 1933 muss der Lunapark endgültig schließen und bereits 1934 wird die ganze Anlage abgerissen. Heute finden wir dort den Halensee-Park.

Während des 2. Weltkriegs wird Halensee stark beschädigt. Nach dem Krieg entstehen viele Neubauten, vor allem im Sozialen Wohnungsbau, was die Atmosphäre dieses Gebiets stark verändert. Während sich bis in die 30er Jahre die Bewohner durchaus als Halenseer Bürger verstehen, geht von diesem lokalen Selbstverständnis und vom Charakter des alten Halensee viel verloren. An den Ortsteil Halensee erinnern heute vor allem noch der gleichnamige S-Bahnhof, die Halensee-Schule und die Hochmeisterkirche, die immer mehr als Halenseer denn als Wilmersdorfer Kirche empfunden wurde.

 

5.    Erich Richard Majewski: Geschichten aus dem alten Halensee, vom Lunapark und vom Kurfürstendamm, Berlin 1983, Ohne Seitenzählung.
6.    ders.

 

Fortsetzung: Die Vorgeschichte des Kirchenbaus in Halensee